Hydroponik - sauberes Gemüse oder chemische Keule?

(letztes Update: 26.08.2023)
Hydroponik - sauberes Gemüse oder chemische Keule?

Was ist Hydroponik?

Hydroponik ist eine Anbaumethode, bei der Pflanzen ohne Erde, sondern mithilfe von Nährstofflösungen gezogen werden. Die Wurzeln werden dabei entweder direkt in die Nährlösung gesetzt oder mit einem inerten Medium wie Blähton oder Kokosfasern umgeben.

Die Nährstofflösung enthält alle lebenswichtigen Elemente, die die Pflanzen zum Wachsen brauchen - hauptsächlich Stickstoff, Phosphor, Kalium und Spurenelemente. Mithilfe dieser gezielten Nährstoffzufuhr können bei Hydroponik sehr hohe Erträge erzielt werden.

Im Gegensatz zum herkömmlichen Anbau im Boden findet bei der Hydroponik keine Symbiose mit Bodenlebewesen statt. Bakterien und andere Organismen, die im Erdreich vorkommen, fehlen. Stattdessen sorgen chemische Dünger und die regelmäßige Kontrolle der Nährstofflösung für optimales Pflanzenwachstum.

Die Wurzeln sind direkt den Nährstoffen ausgesetzt und können diese sehr effizient aufnehmen. Hydroponik ermöglicht eine gezielte Steuerung von Elementen wie Stickstoff, Kalium, Phosphor und Spurenelementen in der Nährlösung. Dadurch kann der Ertrag um ein Vielfaches höher liegen als bei konventionellem Anbau.

Die Schattenseiten der Hydroponik - eine kritische Betrachtung

Die Hydroponik wird immer wieder stark kritisiert. Häufig genannte Kritikpunkte, die wir uns nun detaillierter ansehen wollen, sind:

Keine Mikroorganismen und Bodenlebewesen

Ein großer Kritikpunkt ist, dass in der Hydroponik keine Mikroorganismen und Bodenlebewesen vorkommen. Im natürlichen Boden gibt es eine Vielzahl von Bakterien, Pilzen, Insekten und anderen Kleinstlebewesen. Diese sind essenziell für die Bodenfruchtbarkeit.

Die Mikroorganismen sorgen beispielsweise dafür, dass Nährstoffe für die Pflanzen verfügbar gemacht werden. Sie bauen organisches Material ab und wandeln es in anorganische Verbindungen um, die von den Pflanzen aufgenommen werden können. Ohne diese Mikroorganismen können die Pflanzen also viele Nährstoffe gar nicht nutzen!

Außerdem produzieren manche Bodenbakterien Wachstumshormone und unterstützen so direkt das Pflanzenwachstum. Mykorrhizapilze bilden eine Symbiose mit den Pflanzenwurzeln und erhöhen die Nährstoffaufnahme. All diese positiven Effekte der Bodenlebewesen fehlen bei der Hydroponik.

Deshalb muss der Nährstoffbedarf hier rein chemisch-synthetisch gedeckt werden.

Einsatz von Chemikalien

Eng verknüpft ist die Kritik am Einsatz von Chemikalien und Düngern bei der Hydroponik. Die meisten Hydroponik-Systeme verwenden chemische Nährstofflösungen, die neben den Hauptnährstoffen auch Spurenelemente und andere chemische Inhaltsstoffe enthalten.

Oft werden hier Hochleistungsdünger eingesetzt, um maximale Erträge zu erzielen. Allerdings besteht die Gefahr einer Überdüngung, wenn mehr gedüngt wird als die Pflanzen aufnehmen können. Die überschüssigen Nährstoffe können dann ins Grundwasser gelangen. Auch eine Anreicherung von Schwermetallen ist möglich.

Zusätzlich kommen in der Hydroponik häufig Pflanzenschutzmittel wie Fungizide oder Insektizide zum Einsatz. Ohne das schützende Bodenleben sind die Monokulturen in Hydro-Anlagen anfälliger für Schädlinge und Krankheiten. Die Pestizide können jedoch Rückstände auf den Pflanzen hinterlassen und so in die Nahrungskette gelangen.

Insgesamt beruht die Hydroponik auf einem chemischen System, das nur durch den gezielten Einsatz von Düngemitteln funktioniert. Gesundheitliche Risiken durch Rückstände sind daher nicht auszuschließen und hängen von der Qualität der eingesetzten Mittel ab. - Wie im Erdanbau eben auch.

Manche Sorten werden besonders gerne in der Hydroponik angebaut, unter anderem die starkzehrende Erdbeere. Sie profitiert von der optimalen Nährstoff-Bereitstellung.
Manche Sorten werden besonders gerne in der Hydroponik angebaut, unter anderem die starkzehrende Erdbeere. Sie profitiert von der optimalen Nährstoff-Bereitstellung.

Monokulturen und Sorteneinheitlichkeit

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass in Hydro-Anlagen größtenteils Monokulturen, also nur eine Pflanzenart, angebaut wird. Durch die fehlende Biodiversität sind die Pflanzen anfälliger für Schädlinge und Krankheiten. Dies erfordert wiederum den Einsatz von Pestiziden.

Außerdem führt die Hydroponik oft zu einer Vereinheitlichung der Sorten. Nur wenige standardisierte, ertragreiche Sorten kommen zum Einsatz. Seltene und geschmacklich hochwertige Sorten, die weniger ergiebig sind, verschwinden zunehmend. Dies führt zu einem Verlust an geschmacklicher und genetischer Vielfalt.

Kritiker werfen der Hydroponik also vor, ein “totes” und wenig naturnahes System zu sein. Ohne Bodenlebewesen und Pflanzenvielfalt entstünden Risiken für Umwelt und Gesundheit. Lassen sich diese Vorwürfe entkräften?

Sind die Kritikpunkte berechtigt? Unsere Analyse und Meinung

Die genannten Kritikpunkte an der Hydroponik sollten differenziert betrachtet werden. Eine pauschale Verurteilung greift sicherlich zu kurz. Schauen wir uns die einzelnen Aspekte daher detaillierter an:

Fehlende Bodenorganismen - nicht zwangsläufig problematisch

Das Fehlen von Bodenlebewesen in der Hydroponik ist zunächst einmal kein gravierender Nachteil. Die Pflanzen können auch ohne symbiotische Beziehungen prächtig gedeihen. Solange alle Nährstoffe in optimaler Form und Menge bereitgestellt werden, sind Mikroorganismen nicht zwingend erforderlich.

Allerdings ist richtig, dass totes Substrat entsteht, das nach einem Anbaudurchlauf entsorgt werden muss. Hier sind intelligente Lösungen gefragt, etwa eine Kombination von Hydroponik mit Kompostierung der abgeernteten Substrate. Positiv ist ebenfalls zu vermerken, dass viele Anbau-Projekte gänzlich auf ein Substrat verzichten.

Grundsätzlich sollten Hydro-Anlagen aber nicht als vollständiger Ersatz für den Anbau in lebendigen Böden gesehen werden. Eine sinnvolle Ergänzung und räumliche Entzerrung der Produktion ist aber durchaus denkbar und wünschenswert.

Salat wird neben Kräutern besodners gerne hydroponisch angebaut. Hier wird fast vollständig auf Substrat verzichtet.
Salat wird neben Kräutern besodners gerne hydroponisch angebaut. Hier wird fast vollständig auf Substrat verzichtet.

Chemikalieneinsatz kann minimiert und kontrolliert werden

Auch die Verwendung von Chemikalien ist nicht generell problematisch, sofern sie maßvoll und kontrolliert erfolgt. Mit modernen Analyseverfahren lässt sich der Nährstoffbedarf sehr präzise steuern und eine Überdüngung vermeiden. Hier können ganz klar sogar Vorteile und Effizienzen gegenüber dem Anbau in Erde ausgespielt werden, was die Hydroponik als deutlich sauberere Methode dastehen lassen kann.

Es gibt zudem vollbiologische Systeme, die gänzlich ohne chemische Dünger auskommen. Wichtig sind hier insbesondere drain-to-waste-Ansätze, bei denen die Nährstofflösung nach Gebrauch sachgerecht entsorgt oder wieder aufbereitet wird.

Beim Pflanzenschutz sollten bienenfreundliche Verfahren bevorzugt werden. In Summe ist der umsichtige Einsatz moderner Technik eher eine Chance als ein Risiko.

Monokulturen sind vermeidbar

Auch der Vorwurf der Monokulturen ist so nicht zutreffend. In Hydro-Anlagen lassen sich durchaus unterschiedliche Pflanzen parallel kultivieren. Hier sind kreative Systeme gefragt, etwa das Vertical Farming.

Betreiber von Hydroponik-Anlagen setzen aber auch aus wirtschaftlichen Gründen auf eine Sorten-Vielfalt.

Mit anderen Worten: Die Hydroponik an sich begünstigt nicht zwangsläufig Monokulturen. Entscheidend ist eine möglichst naturnahe Gestaltung der Systeme unter Berücksichtigung von Biodiversität.

Fazit: Hydroponik bei sachgerechter Anwendung empfehlenswert

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Hydroponik eine durchaus empfehlenswerte Anbaumethode darstellt, sofern man ihre Besonderheiten berücksichtigt.

Die oft geäußerte pauschale Kritik an einem “toten” System ohne Bodenlebewesen greift zu kurz. Mit einem kontrollierten und maßvollen Einsatz von Nährstoffen kann Hydroponik sicher und umweltschonend betrieben werden.

Entscheidend sind aber intelligente Lösungen, etwa:

Insgesamt bietet die Hydroponik große Chancen: Effiziente Flächennutzung, hohe und sichere Erträge und eine Entlastung sensibler Böden sind klare Vorteile dieser innovativen Anbauform.

Wenn also die Besonderheiten berücksichtigt werden, überwiegen die Potenziale der Hydroponik eine möglicherweise kritische Sichtweise bei Weitem. Die Zukunft wird zeigen, wie naturnah und nachhaltig diese Technik umgesetzt werden kann.

Ist Hydroponik unbedenklich für den privaten Einsatz?

Viele Hobbygärtner und Kleinproduzenten interessieren sich zunehmend für Hydroponiksysteme zur eigenen Versorgung mit frischem Salat oder Gemüse. Doch ist der Eigenanbau mit Hydroponik wirklich unbedenklich?

Gerade für den Heimbereich entstehen gerade erste Trends zur Hydroponik.
Gerade für den Heimbereich entstehen gerade erste Trends zur Hydroponik.

Grundsätzlich spricht nichts gegen den privaten Einsatz dieser Anbaumethode. Allerdings sollten einige wichtige Sicherheitsaspekte beachtet werden:

Wer diese Regeln befolgt, kann Hydroponik durchaus auch im eigenen Garten oder auf dem Balkon betreiben. Empfehlenswert sind Einsteiger-Sets mit einfacher Technik und guter Anleitung.

Mit etwas Grundwissen und der nötigen Sorgfalt ist Hydroponik im privaten Rahmen daher eine spannende Bereicherung für jeden Hobbygärtner oder Kleinerzeuger. Die eigenen Salate oder Kräuter gedeihen schnell und gut.

Häufig gestellte Fragen zu Hydroponik und Gesundheit

Rund um das Thema Hydroponik und Gesundheit tauchen bei Verbrauchern immer wieder Fragen auf. Hier die Antworten auf einige häufig gestellte Fragen:

Sind Pflanzen aus der Hydroponik genauso gesund wie aus dem Boden?

Ja, denn die Pflanzen nehmen in der Hydroponik alle Nährstoffe auf, die sie brauchen. Teilweise sogar effizienter als im Boden. Entscheidend ist die kontrollierte Zusammensetzung der Nährlösung.

Schmecken Hydroponik-Pflanzen anders als aus dem Boden?

Geschmacklich gibt es keine nennenswerten Unterschiede. Die aromatischen Inhaltsstoffe bilden die Pflanzen selbst. Lediglich sehr “erdige” Aromen fehlen bei Hydro-Pflanzen.

Sind Pestizidrückstände ein Problem bei Hydroponik?

Nicht zwangsläufig. Bei kontrollierter Produktion werden kaum Pestizide eingesetzt. Rückstände lassen sich leicht vermeiden durch Auswaschen vor der Ernte.

Ist Hydroponik für Allergiker geeignet?

Ja, Hydroponik bietet sogar Vorteile für Allergiker! Durch keimreduzierte Anzucht entfällt der Kontakt mit Erde und Schimmelpilzsporen.

Kann man durch Hydroponik Vitaminmangel bekommen?

Nein, da das Vitaminangebot nicht von der Anbaumethode abhängt. Die Pflanzen decken den Bedarf an Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen selbstständig.

Enthalten Hydroponik-Pflanzen weniger sekundäre Pflanzenstoffe?

Nein, der Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen ist nicht von der Anbaumethode abhängig. Pflanzen bilden diese Stoffe selbst, sofern die Grundversorgung stimmt.

Ist Hydroponik eine maschinelle oder natürliche Anbauweise?

Hydroponik ist eine technisierte Anbauform, aber dennoch natürlich, da die Pflanzen selbst die Inhaltsstoffe bilden. Die Naturgesetze bleiben erhalten und Früchte und Gemüse unterscheiden sich nicht von jenen, die in Erde angebaut wurden.

Lassen sich Bio-Siegel und Hydroponik vereinbaren?

Bisher ist das schwierig, da Hydroponik nicht dem Bio-Verständnis von Bodenfruchtbarkeit entspricht. Es gibt aber Ansätze wie “bioponische” Systeme. Auch die Aquaponik erfüllt oft die Standards der Siegel.

Wie nachhaltig ist Hydroponik wirklich?

Das hängt vom System ab. Ressourcenschonung durch Recycling der Nährlösung ist möglich. Auch die Kombination mit Aquaponik gilt als nachhaltig.

Ist Hydroponik nur etwas für große Betriebe?

Nein, auch im privaten und urbanen Raum lässt sich Hydroponik gut nutzen - sei es auf dem Balkon, der Terrasse oder im Kleingewächshaus.


Wir hoffen der Artikel hat dir gezeigt, das Hydroponik keinesfalls Teufelszeug ist. Wir haben dennoch versucht, diese zentrale Frage sachlich und neutral zu beantworten. Stöbere gerne weiter in unserem Blog für mehr spannende Artikel über die Hydroponik. Wie wäre es zum Beispiel mit der Übersicht zu Hydroponik Systemen ?